Versucht man sich schlau zu machen, was SM bedeutet, kann dies ganz klar definiert werden. Es handelt sich dabei um Sadomasochismus; das erotische oder gar sexuelle Spiel mit der Qual. Das Umleiten von Schmerzen in Erregung, in kribbelnde Gefühle. Die Befriedigung durch Unterwerfung. Ist man auf diversen Portalen unterwegs oder beschäftigt man sich näher mit dem Thema, stößt man auf eine Bezeichnung, die mir immer wieder sauer aufstößt. Ich rede von “Soft-SM”. Da frage ich mich immer: “WTF, ist das bitte?”

Schon mehrere Male habe ich vergeblich versucht, der Frage auf den Grund zu gehen, was “weicher Sadomasochismus” ist. Wenn es die Bezeichnung gibt, muss es doch auch irgendwo eine Festlegung geben. Da habe ich aber ganz schön falsch gedacht. Ich stieß immer nur auf gefühlte, geschätzte oder vermutete Definitionsversuche, die alle aber in eine stark subjektive Richtung gingen. Was die gefühlten oder erfahrungsgemäßen Fakten aber nun einmal an sich haben, sind sie selten korrekt oder gar wissenschaftlich. Eben rein gefühlt. Wir wissen ja, wie sich das mit gefühlten Kommata in der deutschen Rechtschreibung verhält. Ein Graus für jeden Lehrer.

Wer dennoch auf der Suche nach einer offiziellen Abgrenzung zum Sadomasochismus ist, wird auf ganzer Linie enttäuscht werden. Das ist auch nicht verwunderlich; ist der Begriff an sich schon widersprüchlich. Sadomasochismus hat nun einmal mit Qual und Schmerz zu tun. SM ohne Lustschmerz ist wie Schokolade ohne Kakao. De facto also Selbstbetrug. Forscht man ein wenig länger, wird man etwas fündiger. Man stößt irgendwann auf Menschen, die zu wissen glauben, was Soft-SM sei. Einer ist sich sicher: “Soft-SM ist ganz klar SM ohne Schmerzen.” Ein anderer hält dagegen: “Soft ist für mich alles ohne den krassen Kram.” Neulich sagte einer auch mal zur mir, der offen zu seiner Soft-SM Vorliebe stand: “Nein. Auf sowas perverses wie Fesseln stehe ich aber nicht!”. Vielleicht sollte er noch einmal darüber nachdenken. In eine ähnliche Richtung ging der Kommentar eines anderen Kerls dazu: “Ich denke, Seidenschal und Federn sind okay für mich. Alles darüber hinaus ist schon Hardcore-SM.” Ebenso gibt es User, die einfach nur mal hart durchgenommen werden möchten, und das als Soft-SM ansehen, weil es zwar schon kein Blümchensex mehr ist, aber eben doch auch nicht wirklich was mit SM zu tun hat. Die Facetten sind hier unglaublich weitreichend.

Wenn man sich diese “Definitionen” und Abgrenzungsversuche ansieht, ist man noch verunsicherter als vorher. Selbst unter “echten” Sadomasochisten (die nicht nur den ganzen Kindergartenkram machen), gibt es keine einheitliche Meinung zu dem Thema. Nagut, nicht ganz. Es gibt schon eine! Die geht aber in einer gänzlich andere Richtung. Nämlich, dass man Soft-SM nicht pauschal festlegen kann.

Schmerzen sind eine rein subjektive Erfahrung. Meine Wenigkeit empfindet Schmerzen beim Versuch, anal penetriert zu werden. Ein Wartenbergrad, üblicherweise von Nervenärzten benutzt, ist für mich absolut nicht schmerzhaft. Es ist für mich eher ein niedliches Kitzeln. Andere wiederum lassen sich unglaublich gern anal nehmen, schweben dabei auf Wolke 7, könnten aber vor Schmerz bei einem Wartenbergrädchen an die Decke gehen. Für einige ist Fesseln schon zu viel, für andere geht da der Spaß erst los. Ein kleiner Prozentteil kann sogar harten Bullenpeitschen nur ein müdes Lächeln abgewinnen, aus deren Sicht ist alles ohne sichtbaren Spuren Kindergarten.Für die Mehrheit ist allein der Gedanke daran aber schon die übelste Horrorvorstellung.

Wo also die Grenze ziehen? Jeder hat seine ganz eigenen Vorstellung darüber was zu viel ist und was masochistische Freude bereitet. Das ist normal und nennt man dann schlichtweg Limits, Grenzen oder Tabus. Es ist zwingend notwendig sich im Vorfeld über diese auszutauschen. Warum dann also überhaupt der Versuch so etwas wie “Soft-SM” als Begriff zu etablieren, für den keine eindeutige Festlegung existiert und auch in keinen Lexika oder Wörterbüchern etwas zu finden ist?

Klingt es weniger pervers, wenn man statt SM “nur” Soft-SM praktiziert? Soll damit die liebevolle Komponente in SM betont werden? Will man sich damit absichern, dass auch bloß nichts passiert, was man nicht will? Soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass man neugierig ist, sich aber nicht traut? Will man sich damit von den Freaks abgrenzen, die nur Spaß haben können, wenn sie sich gegenseitig Gewalt antun?

Wenn all dies die Intention gewesen sein soll, dann haben diejenigen, die sich “weichen Sadomasochismus” “ausgedacht” haben, aber gewaltig ins Klo gegriffen. Ein Soft-SMler ist ja nicht weniger pervers. Perversion ist per Definition bereits schon eine geringfügige Abweichung sexueller Begierde von der Norm. Demzufolge ist, meiner Meinung nach, alles außer Geschlechtsverkehr in Missionarsstellung bereits pervers. Ebenso sind Sadomasochisten im Umgang miteinander genauso liebe- und gefühlvoll wie Ottonormalverbraucher. Gesunder Sadomasochismus hat essentiell mit Gefühl zu tun. Wo kämen wir denn hin, wenn der Aktive gefühlskalt einfach so auf den Sub eindrischt? Und ohne Liebe zwischen Sub und Dom, ist SM für beide Parteien absolut uninteressant. MIt der Sicherheit verhält es sich ähnlich. Viel sicherer kann man sich als Softler nicht fühlen. Man kommt nicht drum herum im Vorfeld verbindliche Grenzen festzulegen. Hält sich eine Partei nicht daran, hat man es mit einem Arschloch zu tun. Dem ist dann aber ohnehin egal, ob einer hardcoremäßig drauf ist oder beim SM doch lieber nur kuscheln will. Keiner sagt außerdem, dass SM immer hart sein muss. Es gibt viele schöne, entspannte, liebevolle und teilweise sogar witzige Momente während einer Session. Auch das Gros der Masochisten liebt es, mit dem aktiven Part zu kuscheln, in den Arm genommen zu werden oder zu küssen. Das schließt sich prinzipiell doch nicht aus.

Will man also Soft-SM praktizieren, steht man nun vor dem Problem, dass man von unterschiedlichen Ansichten bei der Definition ausgehen müsste. Ich schrieb “müsste”, weil noch lange nicht jeder davon ausgeht. Es gibt genug, die blauäugig genug sind, ihre persönliche Ansicht dieser extrem verschwommenen Grenze bei anderen ebenso als Gegeben vorauszusetzen. Schließlich mag ja auch jeder Mensch Rosenkohl, nicht?

Haben sich nun doch zwei Softler gefunden, müssen diese schnell lernen, dass man bereits daran scheitert und gefühlt unendlich lange zunächst die eine Grundsatzfrage klären muss, was man unter weichem SM versteht. In der verschwendeten Zeit hätte man sich bereits effektiver über Vorlieben und Abneigungen austauschen und so bereits die erforderlichen Grenzen festlegen können. Warum sich das also antun und sich krampfhaft abgrenzen, wenn im Vorfeld so oder so ein Austausch stattfinden muss? Warum nicht einfach „Butter bei die Fische tun“ und sagen, was einem Spaß macht und was einem schon zu weit geht? Da braucht es doch keine Abgrenzung zwischen Hardcore und Softcore für den es widerum einen eigenen, individuellen Katalog bräuchte.

Ich vermute, Soft-SMler wollen es sich nur einfach machen. Sie wollen sich nicht Bemühen, darüber nachzudenken, was ihnen gefallen könnte und denken, unter einem falschen Deckmantel, mit Soft-SM auf der sicheren Seite zu sein. Ganz getreu dem Motto: „Der andere wird schon wissen, was mir zu weit geht. Schließlich reicht es ja wenn ich sage, ich stehe nur auf Soft-SM.“ Wenn es doch nur so einfach wäre. Aber es deutet einfach nur auf Unwissenheit und Bequemlichkeit hin. Unwissenheit darüber, was Sadomasochismus tatsächlich bedeutet und eben nicht nur Schlagen beinhaltet. Und Bequemlichkeit im Bezug auf das sich Auseinandersetzen mit seinen Neigungen. Wenn ich einfach sage, ich stehe auf Soft-SM, kann ich schließlich erwarten, dass ich ein Rundum-Wohlfühl-Paket bekomme. Vielleicht ist man als Soft-SMler auch einfach nur geblendet von den gängigen Klischees, dass alle Sadomasochisten kranke Psychopathen seien? Dabei ist das einzige was sie von anderen unterscheidet die Tatsache, dass sie wissen, wie man sexuell viele neue prickelnde Erfahrungen machen kann und ein erfüllteres Sexleben haben. Und dazu stehen.

Sicherlich kann es auch andere Gründe geben, nur Soft-SM zu mögen. Man kann bereits schlechte Erfahrungen mit einem rücksichtlosen Draufschläger gemacht haben, der sich fälschlicherweise als SMler bezeichnete.

Worauf will ich hinaus? Ganz einfach; für mich ist BDSM eine Lebenseinstellung, die man gut finden oder nicht. Entweder man mag Erfahrungen im BDSM Bereich machen oder nicht. Grenzen, Vorlieben, Abneigungen und Tabus muss man dann ohnehin festlegen. Wenn ein BDSMler eben nur auf Fesseln steht, dann ist das Okay. Findet er dahingegen Rohrstockhiebe spannend, dann ist das ebenso in Ordnung. Vielleicht hat der Rohrstockhiebeliebhaber ja auch nicht immer Lust auf Dresche. Was soll‘s? Vorlieben sind oftmals auch einfach abhängig von der Laune oder der Tagesform. Dann trifft er sich eben nur mal zum entspannten Abhängen in Suspension. Deshalb ist er doch die eine Woche nicht „Hardcore-SMler“ und die andere „Soft-SMler“. Oder gar minderwertiger. Er ist und bleibt  dennoch SMler. Konkreter sogar BDSMler.

Es ist ohnehin wesentlich präziser, und das bereits seit 1991, von BDSM zu sprechen und davon abzukommen nur von SM zu sprechen. Das hat einen einfachen, logisch nachvollziehbaren Grund. Während im Akronym SM nur der Teilbereich steckt, der sich mit Sadomasochismus, also dem Lustgewinn durch das Empfangen oder Zufügen von Schmerzen, beschäftigt, ist BDSM sehr viel umfangreicher, da die verschiedenen Teilaspekte, Sadomasochismus ist nur einer davon, gleichermaßen Berücksichtigung finden. Statt zu sagen, ich sei Soft-SMler, kann ich auch viel konkreter angeben, meine Vorliebe läge im BD-Bereich. Ich mag es also, gefesselt oder diszipliniert zu werden.

Ich denke, viele werden mir zustimmen, dass es daher sehr viel logischer ist, von BDSM zu sprechen und nicht von SM und Soft-SM. Wenn man sich schon von Sadomasochisten Abgrenzen will, dann doch lieber eine Einteilung in die anderen Bereiche des BDSM. Wer ausschließlich Freude am Fesseln hat, ist eben BDler oder Bondageliebhaber. Der Aktive bezeichnet sich dann üblicherweise als Bondagtop und der Gefesselte als Bondagebottom oder –sub. Wer einfach nur erniedrigt oder „hart“ rangenommen werden möchte, aber weder mit Schmerzen noch mit Fesseln etwas anfangen kann, wird sich dann eher als DSler oder Devoter bzw. Dominanter sehen. Personen, die sich dann tatsächlich an der Lust der Qual erfreuen, sind dann eben Sadomasochisten. Sicherlich muss nicht erwähnt werden, dass sich die unterschiedlichen Vorlieben nicht ausschließen. Es gibt keinen unerheblichen Teil an Männern in der Szene, die sich in allen Bereich gleichermaßen wohl fühlen.

Auch wenn die Einteilung von BDSM schon sehr viel präziser ist, ersetzt dies noch immer kein Gespräch im Vorfeld, in dem Grenzen vereinbart und die verbindlichen „Spielregeln“ festgelegt werden müssen. Es gibt eben, abgesehen von gewissen Verhaltensregeln für ein sicheres Spiel, keinerlei Standards oder Festlegungen, wie eine BSM Session ablaufen soll.  Das ist gänzlich eure eigene Sache und eurer Kreativität überlassen. BDSM kann daher nicht pauschal an der Härte, Intensität, Dauer oder Praktik gemessen werden. „Soft-SM“ schon gar nicht.  Man kann ja auch nicht anhand der Farbe eines Autos auf dessen Leistung schließen. All diese Dinge müssen allmählich in Erfahrung gebracht werden. Durch Abstecken der Grenzen, durch Verständigung im Vorfeld, durch langsames Rantasten und Ausprobieren.  Da reicht es eben NICHT aus, einfach nur zu sagen, dass man Soft-SM mag. Davon abgesehen, verschieben sich Grenzen dauernd. Man wächst mit seinen Erfahrungen. Hat man mehr Erfahrung, bleibt es nicht aus, dass man Lust auf mehr bekommt. Lust auf höher, weiter, intensitiver. Alles in einem gesunden Rahmen natürlich.

BDSM richtet sich ohnehin stets nach dem Gegenüber. Es ist ein Geben und Nehmen. Eine Reaktion auf eine Aktion und umgekehrt. Beide sollten ihre Freude am Spiel haben. Keine Session ist wie eine andere. Das ist das Spannende an dem Hobby. Eine Session ist einfach etwas ganz persönliches und einmaliges zwischen zwei (manchmal auch mehr) Spielpartnern. In Kategorien und Schubladen zu denken, ist absolut nicht ratsam. Bei BDSM geht das mit hoher Wahrscheinlichkeit, wie oben ausgeführt, prinzipiell nach hinten los.

Es ist daher für alle besser, sich einfach im Vorfeld, unabhängig von Namen oder Bezeichnungen, mit den Vorlieben des anderen vertraut zu machen, gemeinsam Gemeinsamkeiten zu entdecken und aus einem Einzelerlebnis ein Gemeinschaftserlebnis zu machen. Findet einfach den passenden Partner und ihr werdet hammermäßige Erlebnisse haben.

Wie steht ihr zu dem Thema? Gern könnt ihr mir eure Meinung dazu in den Kommentaren hinterlassen.

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